Ein Mann wie ein Baum
gerät ins Wanken.

«Was isch en Meischter? Meischter gits scho gnueg. Om die müemer eus kei Sorge mache.»

Bruno Koller

Wie «Tiger und Büffel» entstand

Brunos Geschichte ist ein Stück weit auch meine Geschichte: Ich trainierte rund zehn Jahre bei Bruno Karate. So habe ich die Entwicklung von Brunos Demenzerkrankung unmittelbar miterlebt. Mich verbindet eine langjährige Freundschaft mit der ganzen Familie. Sie schätzt meine Arbeit – selbst den schonungslosen Blick auf Brunos Macken, die Abgründe seiner Demenz und die schwierigen Momente in der Familie.

Die ersten Aufnahmen entstanden im Jahr 2011 für die siebenminütige Multimediaproduktion «Auf den Everest», die unter anderem bei GEO online publiziert wurde. Das Video, gemeinsam mit dem Hamburger Fotografen Michael Hagedorn realisiert, wurde Ende 2012 in der Kategorie «Beste Multimediareportage» für den Deutschen Reporterpreis nominiert. Dieses Pilotprojekt überzeugte Bruno. Er erklärte sich einverstanden, dass ich ihn weiterhin auf seiner Reise begleite.

Im Jahr 2014 – Brunos Zustand hatte sich bereits deutlich verschlechtert – flog der Karatemeister nach Taiwan an ein internationales Karatetreffen. In der Annahme, dies sei seine letzte Reise, beschlossen Michael und ich spontan, Bruno zu begleiten. Michael arbeitete fotografisch, ich konzentrierte mich in erster Linie auf das bewegte Bild.

Ich sah schon damals grosses Potenzial in der langfristigen Dokumentation von Brunos weiterem Leben. Ich wollte nicht einen Zerfall, sondern eine Wandlung dokumentieren.


Das war jedoch nur mit einem grosszügigen Zeithorizont möglich und dem Mut, das Projekt allein und zu Beginn ohne jede Förderung zu verfolgen.

Nach der Reise nach Taiwan drehte ich kontinuierlich weiter und tauchte immer tiefer in Brunos Leben ein. Es entstand eine Langzeitbetrachtung eines herausragenden Menschen und eine einzigartige Chronik einer Alzheimer-Demenz-Erkrankung.

Filme rund um das Thema Demenz kamen schon einige heraus, zum Beispiel im Jahr 2012 David Sievekings «Vergiss mein nicht» oder die Tragikomödie «Honig im Kopf» von Til Schweiger und Lars Gmehling (2014). Die Einmaligkeit des Projekts «Tiger und Büffel» ist seine Kontinuität über fast acht Jahre hinweg, in denen die Protagonistinnen und Protagonisten sichtbar altern.

Der Film zeigt die Krankheit in ihrer Schonungslosigkeit, ohne die Würde der Betroffenen zu verletzen. Der Film ist – passend zu seinem «Titelhelden» – auf eine gewisse Weise roh, sowohl in der Erzählweise als auch in der Kameraführung, und beschönigt nicht. Gesucht habe ich nicht nach dem Thema. Doch seit je drehen sich meine Arbeiten auch um Geschichten aus meinem nächsten Umfeld. Ich befinde mich selbst in der Lebensmitte – oder habe die Halbzeit bereits überschritten. Man könnte sagen: ganz naturgemäss befinde ich mich in einem Alter, in dem Männer mit Fallschirmspringen beginnen, beschliessen, den Schwarzen Gurt im Karate zu machen – oder einen Film über das Älterwerden drehen.

Die Menschen im Film

Bruno Koller Sensei
Helen Koller
Daeng Koller
Giosuel Koller
Selina Koller
Sara und Marcel Heiniger
Laurin Koller
Theo Storm

Crew

Realisation (Konzept, Produktion, Kamera, Ton, Buch):
Fabian Biasio, Film – Foto – Multimedia, Luzern
Fabian Biasio ist Fotoreporter und Filmer aus Luzern und begann im Jahr 2004 bei Bruno mit Karate-Training. Mit «Tiger und Büffel» präsentiert er seinen zweiten Dokumentarfilm in Kinolänge. Sein Erstling «Sub Jayega – Die Suche nach dem Palliative-Care-Paradies» wurde in rund 30 Kinos in der Schweiz gezeigt. 

Schnitt/Dramaturgie: Stephan Heiniger, Voltafilm, Luzern
Stephan Heiniger war als Cutter an verschiedenen, teils preisgekrönten Kino-Dokumentarfilmen beteiligt: «Das Leben vor dem Tod», «Buebe gö z‘Tanz», «Alptraum – Das letzte Abenteuer» und weitere.

Musik: Zehnder & Töne
mit Christian Zehnder Quartett (Thomas Weiss, Michael Pfeuti, Barbara Schirmer). Der Stimmenkünstler, Komponist und Klangkünstler Christian Zehnder und der Sounddesigner, Musiker und DJ Till Zehnder entwickeln Filmmusik, Klangkunst und Musikprojekte fürs Theater, die meist von der Laut- und Klangsphäre der Alpen durchdrungen sind.

Supervision: Edwin Beeler und Cristina Caruso, Luzern
Edwin Beeler (Calypso Film) ist ein bekannter Schweizer Filmemacher, der 2017 mit dem «Innerschweizer Kulturpreis» ausgezeichnet wurde. Cristina Caruso (revolumenfilm) wurde 2019 mit dem Innerschweizer Spezialpreis «Drehbuch» für «Rue de Blamage» prämiert.

Postproduktion: Soundville, René Zingg, Luzern
René Zingg führt seit 40 Jahren das Studio Soundville in Luzern. Er war an der Realisation zahlreicher Kino- und TV-Filme aus der Innerschweiz beteiligt: «Nach dem Sturm», «Alpsummer», «Die Weisse Arche» und weitere.

Weitere Beteiligte:
Zweite Kamera: Michael Hagedorn (Luzern 2011, Taiwan 2014)
Daniel Leippert und Edwin Beeler (Alpstein)
Ton: Olivier Jean-Richard (Alpstein)
Übersetzung: Montita Moser (Thailändisch–Deutsch)
Color-Grading und VFX: Stefan Gallego, Luzern
Titelgrafik und Filmplakat: meierkolb, Luzern
Website: Fabian Biasio

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«Muesch echli spinne, normali Lüüt machet das nöd.
Ich ha d’ Schnorre voll gha und bi abgschosse worde. Min Sohn wörd ich nie do ane schicke. Aber ich hans wölle mache.»

Bruno Koller

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Dōjōkun

Es ist eine Pflicht, nach der Perfektion des Charakters zu streben.
一、人格完成に努むること (hitotsu, jinkaku kansei ni tsutomuru koto)

Folge dem Ideal der Wahrheit.
一、誠の道を守ること (hitotsu, makoto no michi o mamoru koto)

Kultiviere die Mentalität des harten Arbeitens.
一、努力の精神を養うこと (hitotsu, doryoku no seishin o yashinau koto)

Achte die Regeln der Etikette.
一、礼儀を重んずること (hitotsu, reigi o omonzuru koto)

Hüte Dich vor ungestümem Übermut.
一、血気の勇を戒むること (hitotsu, kekki no yū o imashimuru koto)